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Der Nachlaß Humboldts in Krakau enthält die von Humboldt über Mexiko und Kuba gesammelten Materialien. Darunter befindet sich ein Manuskript mit der Beschreibung der Pyramidenanlage von Teotihuacan von Juan José de Oteyza, den Humboldt am Real Seminario de Minería in Mexiko-Stadt kennengelernt hatte. Alexander von Humboldt selbst hat diese Pyramidenanlage nicht besichtigt. In derartigen Fällen hat er sein weitreichendes Informationsnetz zur Ergänzung seiner eigenen Beobachtungen in den Tagebüchern genutzt, wie der Vergleich des Manuskriptes von Oteyza mit dem später gedruckten Text Humboldts anschaulich macht.
Der Artikel verfolgt zwei Ziele, die beide mit dem Fund des bisher unbekannten humboldtschen Kuba-Tagebuchs von 1804 (in der Biblioteka Jagiellonska Kraków durch Ulrike Leitner) zusammenhängen. Einmal will er die zwar diskontinuierliche, aber zusammenhängende Entwicklung von Humboldts Sklavereibild darlegen (die im Tagebuch von 1804 in gewissem Sinne kulminiert und in nuce den Essay über Kuba bildet) und zum zweiten die wissenschaftsgeschichtliche Sensation, dass Humboldt wesentliche Elemente der Methode des Vergleichs systematisch auf soziale, historische und sozioökonomische Verhältnisse der Sklaverei anzuwenden begann, als er Anfang 1804 in Veracruz oder Havanna von der Proklamation des Staates „Haity“ auf der Insel Santo Domingo hörte. Diese beiden Erkenntnisse ändern die Einschätzung von Humboldts politischem Verhältnis zu zwei Gruppen der spanisch-amerikanischen Bevölkerung (die Teile der kreolische Elite, die plante „eine weiße Republik“ nach dem Vorbild Frankreichs zu gründen, und die Gruppe oder „Kaste“ der „pardos“) am „Vorabend der Unabhängigkeitsrevolution“.
Auf seinen Reisen traf Alexander von Humboldt wiederholt Personen, die später die zufällige Begegnung oder eine flüchtige Bekanntschaft mit ihm für ihren sozialen bzw. gesellschaftlichen Aufstieg zu nutzen versuchten. So war es auch mit Karolina Jaenisch (1810-1893), der späteren K. Karlovna Pavlova, der Tochter eines in Russland ansässigen deutschen Hochschullehrers. Humboldt begegnete ihr 1829 in Moskau bei einer Soiree, und er soll sie zu weiterem literarischen (dichterischen) Schaffen ermuntern haben. Humboldt nahm damals ein Bruchstück des von ihr aus dem Polnischen ins Deutsche übersetzten Poems „Konrad Wallenrod“ von Adam Mickiewicz, dem späteren polnischen prince des poètes, mit, und übergab es Goethe. Zu jener Zeit war Karolina sehr eng mit Mickiewicz befreundet und beteuerte ihm in Briefen ihre grenzlose und ewige Liebe. Mickiewicz war aber fest entschlossen, Russland für immer zu verlassen. Das tat er 1829. In ihrem Sonett „An Alexander von Humboldt“ drückte sie, nach Meinung von Literaturkritikern, ihren unstillbaren Schmerz über den Verlust des geliebten Mickiewicz aus. Humboldt traf Karolina noch einmal 30 Jahre später in Berlin.
Ausgehend von O. Ettes Analyse des Begriffs Humboltian writing wird unter Betonung des bibliographischen Hintergrunds die vernetzte Struktur des amerikanischen Reisewerks Alexander von Humboldts dargestellt. Die Komplexität seines Schreibens zeigt sich in mehreren Dimensionen: disziplinäre Aufsplittung, Hypertextstruktur der einzelnen Texte selbst, Multilingualität, Vernetzung mit anderen Werken Humboldts und seinem epistolarischen Nachlaß, sein wissenschaftliches Netzwerk in der scientific community. Diese Struktur wird bei einer rein linearen Lesart (die ein normales Buch nur zuläßt) nicht vollständig wahrgenommen, zumal es bisher keine mit Registern versehene Neuedition seines Reisewerks gibt, so daß eine digitale Bibliothek ein adäquates Medium für die Darstellung des Humboldtschen Schreibstils und gleichzeitig der für ihn typischen Organisation des Wissens sein könnte.
Alexander von Humboldt hatte entgegen landläufiger Ansicht kaum Gelegenheit, sich auf sein spezielles Reiseziel, die spanischen Kolonien in Mittel- und Südamerika, eingehend vorzubereiten. Die Mehrzahl der Berichte seiner Vorgänger konnte er darum erst nach der Rückkehr lesen und verarbeiten. Neben der Frage nach der Art, wie Humboldt das in vieljähriger Arbeit zusammengetragene Faktenmaterial umgesetzt und sich dabei zugleich in den Forschungskontext eingeschrieben hat, ist diese spezielle Art der nachträglichen Rezeption von entscheidender Bedeutung für die Funktion der Umkreisquellen im Werk Humboldts. Als Vorarbeiten für eine dringend erforderliche detaillierte Untersuchung werden die im Rahmen des Projektes einer »Humboldt Digital Library« für einen begrenzten Abschnitt von Humboldts Reise - das Flußsystem des Orinoco - gesammelten Quellen im folgenden genauer vorgestellt.
Früh setzte in Europa die Wahrnehmung der Veränderung des regionalen Klimas durch Waldrodungen ein. Als erster widmete Theophrastus (372-288 v. Chr.) dem Thema des menschlichen Einflusses auf die Temperatur und die Qualität der Luft einer Region ausführliche Überlegungen. Mit ihm beginnt ein Diskurs, der durch die Entdeckung und Kolonisierung Amerikas einen enormen Aufschwung erfuhr und im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts auf globaler Ebene seinen Höhepunkt erreichte, um dann nach der Jahrhundertwende in Vergessenheit zu geraten. Alexander von Humboldt legte in seinem Amerika-Werk durch seine Fallstudie zum See von Valencia (1799) die ersten wissenschaftlichen Grundlagen für die systematische Untersuchung der Frage nach dem durch Menschen verursachten Veränderungen des Klimas. Die Fortsetzung dieser Studien in Lateinamerika durch Jean Baptist Boussingault erregten weltweites Aufsehen und wurden für die frühe Umweltbewegung (George Marsh) zum zentralen Argument bei der Verteidigung der Wälder in Europa, in den U.S.A. und in den Kolonien. Dem Klimaeinfluss des Waldes wuchs immer mehr eine mythische Grösse zu, sodass bei der Erschliessung regenarmer Regionen (in Australien und in den U.S.A.) umfangreiche Aufforstungsprogramme die Niederschlagsmenge erhöhen sollten. Nach dem Scheitern dieser Programme war generell die Befürchtung erwarteter anthropogener Klimakatastrophen durch die Zerstörung der Wälder diskreditiert.
"Wie antike Bronzestatuen" - Von der Antikisierung Amerikas zur Auflösung des Klassizismus in Alexander von Humboldts Reisebericht. Die "Antikisierung" Amerikas, die Anwendung antiker Motive als imperialer Muster der Aneignung, ist eine zentrale rhetorische Strategie in Alexander von Humboldts Reisebericht. Im Verlauf der kolonialen Erfahrung jedoch wird dieser klassizistische Diskurs irritiert durch Spannungen zwischen metaphorischer und metonymischer Referenz, positiver und negativer Konnotation, synchroner und retrospektiver Temporalisierung, hegemonialer und dissidenter Perspektive etc. Das Konzept der Antike verliert seine Autorität - es wird dekonstruiert. Wir beobachten die Erosion des zeitgenössischen Klassizismus als ästhetisch-politischen Dispositivs im Kontakt mit der kulturellen Fremde.
Humboldts "Kosmos" oder "physische Weltbeschreibung" zielte gleichzeitig auf die äußere und die innere Welt. Entsprechend dem berühmten Wort von Horaz sollte sie zugleich nützen und erfreuen. Solch eine Beschreibung war durch zwei Begriffe charakterisiert, durch Kraft und Freiheit. Der Aufsatz beschäftigt sich mit Humboldts Konzeption seines Werkes, mit seinem von Plinius dem Älteren übernommenen Naturbegriff. Immer wieder nannte Humboldt sein berühmtes Vorbild Laplace, dessen methodologische Prinzipien mit seinen eigenen Überzeugungen übereinstimmten. Der Aufsatz zeigt, dass und wie Humboldt von Herder beeinflusst war, ohne dass er Goethes Freund beim Namen nannte, und erklärt Kants Rolle in diesem Kontext. Die letzten Ziele der Humboldtschen Konzeption von Naturwissenschaft waren die Naturgesetze, die die Naturphänomene miteinander verknüpfen. Schließlich wird Humboldts Hochachtung für die Mathematik analysiert.
Im Vordergrund dieser Untersuchung, die Alexander von Humboldts "Vues des Cordillères et Monumens des peuples indigènes de l'Amérique (1810 - 1813)" im Kontext des gesamten Humboldtschen Oeuvre zu verstehen sucht, steht die Frage, inwieweit sich in diesen »Ansichten der Kultur« nicht nur ein neuer und folgenreicher Amerika-Diskurs, sondern darüber hinaus die Umrisse einer neuen Ordnung der Weltkulturen abzeichnen. Das ästhetisch sicherlich radikalste Buch Alexander von Humboldts wird als "musée imaginaire" der Weltkulturen verstanden und aus transregionaler Perspektive in seiner räumlichen, zeitlichen, sozialen, literarischen, friktionalen, genrebezogenen und spezifisch kulturellen Dimension untersucht. Dabei erweisen sich die "Vues" als transmediales Kaleidoskop eines fraktalen Entwurfs der Kulturen der Welt in der zweiten Phase beschleunigter Globalisierung.