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Für Schleiermacher ist Religion keine pädagogisch nützliche Mischung von Metaphysik und Moral, sondern eine eigene Dimension des Menschseins, Anschauung des Universums, Sinn und Geschmack fürs Unendliche; die von der Aufklärung favorisierte „natürliche Religion“ der allgemeinen, übergeschichtlichen Vernunftwahrheiten sei bloß eine Totgeburt, jede wirkliche, lebendige Religion dagegen eine unableitbare geschichtliche Individualität. Im Christentum sei Jesus Christus die Zentralgestalt, der Vermittler und Versöhner des Zwiespalts zwischen Endlichem und Unendlichem, an dem sich alle Religion abarbeite. Im Laufe seiner Entwicklung strebe das Christentum immer mehr zu Sozialgestalten ohne Hierarchie zwischen Priestern und Laien; in der Vollendung (den aber selbst der Protestantismus noch nicht erreicht habe) würden alle „von Gott gelehrt“ sein (Johannes 6,45).
Seit Ende 1804 bahnte sich der Konflikt zwischen Preußen und dem Kaiserreich Frankreich an, der im Herbst 1806 Krieg und den Zusammenbruch Preußens zeitigte. Wie Friedrich Schleiermacher, damals Professor der Theologie in Halle, und sein Umfeld das Zeitgeschehen erlebten und deuteten, das beschreibt der Beitrag anhand der Korrespondenz. Bei Schleiermacher lässt sich seit Anfang 1806 ein wachsendes Interesse für Politik und ein Erwachen des Nationalgefühls beobachten: Er begrüßte den Kriegsausbruch zunächst; im Angesicht der Niederlage hielt er einen geistigen Neubaus Preußens und Deutschlands für unumgänglich, was ihn ins Lager der preußischen Reformer führte.