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7. Kulturen der Epigenetik
(2017)
Die Epigenetik entmachtet unsere Gene? Oder doch nicht? Epigenetik meint: Biochemische Moleküle interagieren zeitlebens mit der DNA in unseren Zellen und steuern in komplexer Vernetzung unser Erbgut: Entwicklung, Wachstum, aber auch Krankheiten und sogar unsere Psyche unterliegen epigenetischen Einflüssen. Die Umwelt und unsere Lebensweise spielen dabei eine große Rolle und verändern das "Epigenetische" in uns. Die Epigenetik verlangt uns neue Sichtweisen ab, nicht nur in der Biologie, sondern interdisziplinär: Wie verändert das "epigenetische Denken" unser Bild von unseren Genen, vom Lebendigen , von Entwicklung, von Evolution und Vererbung? Im Sammelband der Interdisziplinären Arbeitgsruppe Gentechnologieebricht der BBAW wird daher nicht nur der Status quo der Epigenetik vorgestellt, sondern auch untersucht, wie sich das Wissen aus diesem komplexen Thema in verschidenste Disziplinen überträgt.
Die hier vorliegende Kurzfassung stellt zentrale Ergebnisse des Sammelbands sowie die Kernaussagen der IAG Gentechnologiebericht vor.
Im „Fünften Gentechnologiebericht“ bieten namhafte Expertinnen und Experten einen Überblick über aktuelle Entwicklungen des dynamischen Forschungsfeldes der Gen- und Biotechnologien und ihrer Anwendungen. In den Bick genommen werden u. a. genetische Diagnostik, somatische Gentherapie, Impfstoffentwicklung, Stammzell- und Organoidforschung, Grüne Gentechnik, Synthetische Biologie, Gene Drives, Genome-Editing, Epigenetik und Einzelzellanalyse. Neben Sachstandsberichten werden auch die gesellschaftliche Wahrnehmung der Gentechnologien sowie ethische und rechtliche Fragen erörtert, u. a. zu Genome-Editing, Hirnorganoiden und Big Data in der personalisierten Medizin. Die interdisziplinäre Arbeitsgruppe Gentechnologiebericht gibt außerdem Handlungsempfehlungen zu zentralen Themen.
Im „Fünften Gentechnologiebericht“ bieten namhafte Expertinnen und Experten einen Überblick über aktuelle Entwicklungen des dynamischen Forschungsfeldes der Gen- und Biotechnologien und ihrer Anwendungen. In den Bick genommen werden u. a. genetische Diagnostik, somatische Gentherapie, Impfstoffentwicklung, Stammzell- und Organoidforschung, Grüne Gentechnik, Synthetische Biologie, Gene Drives, Genome-Editing, Epigenetik und Einzelzellanalyse. Neben Sachstandsberichten werden auch die gesellschaftliche Wahrnehmung der Gentechnologien sowie ethische und rechtliche Fragen erörtert, u. a. zu Genome-Editing, Hirnorganoiden und Big Data in der personalisierten Medizin. Die interdisziplinäre Arbeitsgruppe Gentechnologiebericht gibt außerdem Handlungsempfehlungen zu zentralen Themen. Die Kurzfassung enthält die Einleitung, eine Zusammenfassung der Buchbeiträge und die Handlungsempfehlungen der IAG Gentechnologiebericht.
Hans-Jörg Rheinberger und Staffan Müller-Wille erörtern in ihrem Beitrag das aktuelle wissenschaftliche Verständnis von Genen und ihrer Rolle in Stoffwechsel, biologischer Entwicklung und Evolution komplexer Organismen. Ausgehend von der Beobachtung, dass die Sonderstellung der Gene als bestimmende Faktoren in den genannten Prozessen im gegenwärtigen Zeitalter der Postgenomik weitgehend relativiert worden sei, untersuchen sie mit diesem Wandel verbundene konzeptuelle Probleme. Zudem diskutieren sie, wie sich die gegenwärtige „Deflation“ des Genbegriffs in Wissenschaftsphilosophie und theoretischer Biologie mit dessen tragender Rolle im vergangenen „Jahrhundert des Gens“ sowie in gegenwärtigen Diskursen und biotechnologischen Zukunftsvisionen vermitteln lässt.
Die Autoren stellen zunächst die Debatte um die Reduzierbarkeit der klassischen Genetik mit ihrem abstrakten Genbegriff, der die materielle Grundlage der Vererbungserscheinungen offenlässt, auf die molekulare Genetik dar. Jüngere Forschungsergebnisse zeigten, dass molekulare Veränderungen kontextabhängige, nicht einfach direkt ableitbare Unterschiede auf der organismischen Ebene bewirken. Dies stellte die kategorische Unterscheidung von Genotyp und Phänotyp sowie von genetischen und epigenetischen Faktoren mit Verweis auf die kausale Rolle ersterer in Reproduktion, Entwicklung und Stoffwechsel infrage, lasse sich aber in das Informationsparadigma integrieren.
Im Anschluss zeichnen die Autoren die Verengung des Bedeutungshorizontes des Vererbungsbegriffs im 20. Jahrhundert und dessen erneute Ausweitung im Zeitalter der Postgenomik nach. Angesichts der Dekonstruktion und Verabschiedung des Konzepts von Genen als „ultimativen Determinanten“ in Wissenschaftsphilosophie und Theorie der Biologie fragen Hans-Jörg Rheinberger und Staffan Müller-Wille nach den Gründen für dessen kaum gemindertes Fortleben in der öffentlichen Kommunikation und nicht zuletzt auch in der wissenschaftlichen Forschungspraxis. Sie argumentieren, dass Gene nicht aufgrund eines ontologischen Sonderstatus oder einer herausragenden Erklärungskraft, sondern aufgrund ihrer heuristischen Funktion als Untersuchungsinstrumente und somit aus epistemologischen und forschungspraktischen Gründen eine zentrale Rolle in der Wissenschaft gespielt haben und weiterhin spielen.
Die Autoren zeigen Parallelen auf zwischen der Rolle von Genen als „Angriffspunkt“ für wissenschaftliche und technologische Verfahren in der Entwicklung des Forschungsprozess einerseits und ihrer instrumentellen Rolle in der Evolution der Organismen, die einen „Mittelweg zwischen Stabilitäts- und Plastizitätsanforderungen“ (S. 271) biete, andererseits.