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Die Jahresberichte für deutsche Geschichte verzeichneten deutsch- und fremdsprachige wissenschaftliche Publikationen. Sie waren die umfassendste Fachbibliographie ihrer Art. Es wurden Monografien, Sammelbände und Beiträge, Zeitschriftenaufsätze, Quelleneditionen, Nachschlagewerke und Bibliografien erfasst. Literatur außerhalb des Verlagsbuchhandels wurde nach Möglichkeit ebenfalls aufgenommen. Auch Arbeiten der Nachbardisziplinen sowie der historischen Hilfswissenschaften mit Bezug zur deutschen Geschichte wurden berücksichtigt. Der hier veröffentlichte Titeldatenbestand umfasst fast 760.000 Datensätze der Neuen Folge seit dem ersten Band 1.1949 bis zum Ende des Jahres 2015. Formate: MARCXML (internationale Klassifikation) und MARCXML (deutsch-österreichisch-schweizerische Klassifikation).
Die deutschen Geschichtsbibliographien stehen aktuell vor einigen Herausforderungen: Sie sind von einer großen Heterogenität hinsichtlich ihrer Sammelprofile geprägt, kaum mit dem Bibliothekswesen vernetzt und müssen sich gegenüber anderen Recherchemitteln behaupten. Die Erkenntnis, dass dieser Situation gemeinsam besser begegnet werden kann, hat die beiden großen deutschen Bibliographien der Geschichtswissenschaft, die Historische Bibliographie und die Jahresberichte für Deutsche Geschichte, dazu bewogen, sich mit einer epochalen Spezialbibliographie, der Bibliographie zur Zeitgeschichte, und der Bayerischen Staatsbibliothek als Sondersammelgebietsbibliothek für Geschichte zusammenzutun. In einem gemeinsamen DFG-Projekt werden derzeit die organisatorischen und konzeptionellen Grundsteine für eine künftig engere Zusammenarbeit sowie eine noch zu schaffende "Deutsche Historische Bibliographie" gelegt. Während der ersten zwei Projektjahre konnten sich die Partner bereits darauf einigen, gemeinsam in einem Bibliotheksverbund zu katalogisieren und arbeitsteilig Zeitschriften auszuwerten, außerdem wurde eine gemeinsame Fachsystematik konzipiert, die einzelnen Bibliographien wurden an verschiedenen Stellen optimiert und ihre Datenbestände mit Suchmaschinentechnologie indiziert und in Fachportale eingebunden. In der zweiten Projektphase sollen diese Arbeiten fortgeführt und die Etablierung einer "Deutschen Historischen Bibliographie" vorbereitet werden. Es ist dabei das Ziel, ein so funktionales wie benutzerfreundliches Serviceangebot der historisch-bibliographischen Fachinformation zu schaffen. In der Präsentation wird ein breites, den state-of-the-art moderner Informationstechnologien berücksichtigendes Feature-Spektrum vorgestellt, das einer "geschichtswissenschaftlichen Fachbibliographie der Zukunft" gerecht werden soll. In welchem Umfang dies tatsächlich realisiert werden kann, wird jedoch noch intensiv zu prüfen sein.
Da einerseits die informelle Partizipation an der Kultur des Internet durch Digital Natives nicht unmittelbar auf das Erlernen komplexer wissenschaftlicher Informations- und Medienkompetenz übertragbar ist, andererseits im geschichtswissenschaftlichen akademischen Unterricht die Komplexität digitaler und/oder virtueller geschichtswissenschaftlicher Ressourcen kaum zu vermitteln ist, müssen Bibliotheken gemeinsam mit den Fachbereichen effiziente Strategien entwerfen, Studierenden geschichtswissenschaftliche Informationskompetenz nachhaltig zu vermitteln, die ein erfolgreiches Studium ermöglichen. Hierfür bietet das Modell der Teaching Library ein flexibel zu handhabendes Instrument. Die traditionelle produktorientierte "Datenbankschulung" wird ersetzt durch den kompetenzorientierten Umgang mit Fachressourcen im geschichtswissenschaftlichen Arbeitsprozess. Zu den traditionellen geschichtswissenschaftlichen Fachbibliographien treten immer komplexere Quellendatenbanken, die schon heute eine ganz neue Qualität quellenbasierten historischen Arbeitens ermöglichen. In diesem Sinne wird die geschichtswissenschaftliche Fachbibliographie der Zukunft im Verständnis eines erweiterten Bibliographiebegriffs eine Scharnierfunktion zwischen unterschiedlichen Quellendatenbanken, Virtuellen Fachbibliotheken, Virtuellen Forschungsumgebungen und Kulturportalen einnehmen.
Der Beitrag untersucht die Rezeption der Werke Lev N. Gumilëvs (1912-1992) im spät- und postsowjetischen Russland. Sowohl Kritiker als auch Bewunderer des "letzten Eurasiers", wie Gumilëv sich selbst bezeichnete, stammen in der überwiegenden Mehrheit aus dem Lager der antidemokratischen Transformationsgegner.
Der Beitrag untersucht die intellektuelle Biographie Aleksandr Dugins (*1962), des wichtigsten Vertreters des Neoeurasismus im postsowjetischen Russland. Dabei wird die These vertreten, dass Dugin den klassischen Eurasismus erst zu einem Zeitpunkt entdeckte, als er beeinflusst von der Philosophie des Traditionalismus und der westeuropäischen Nouvelle Droite den Eurasienbegriff im Sinne der Geopolitik Mackinders und Haushofers bereits verwendete.
Sonderweg und "Eigenart"
(2009)
Der Beitrag stellt handbuchartig die wichtigsten Strömungen innerhalb der russischen Intelligencija seit dem zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts dar, die dem linearen universalen Fortschrittsbegriff der Aufklärung eine multilineare Konzeption der Weltgeschichte entgegenhielten. In dieser – romantischen – Perspektive ist Russland ein andersartiger, aber gleichwertiger Kulturraum, dessen Unterschiede zum Westen nicht negativ als Ausdruck von Rückständigkeit gedeutet werden, sondern als seine positiv konnotierte samobytnost’ ("Eigenart").
Von 1968 bis 1998 fanden bei den Olympischen Spielen systematische Labortests statt, die das Ziel hatten, das Geschlecht aller Teilnehmerinnen von Frauenwettbewerben als eindeutig weiblich zu bestimmen, wenngleich nach dem damaligen und heutigen Stand der Forschung eine eindeutige Zuweisung zu einem biologischen Geschlecht nicht bei allen Individuen erreichbar ist. Das Internationale Olympische Kommitee (IOC) - so die These des vorliegenden Beitrags - antwortete mit Geschlechtertests auf einer rein biologistischen Ebene (sex) auf eine Herausforderung im Bereich des sozial konstruierten Geschlechts (gender), die durch die Systemkonfrontation des Kalten Krieges an Brisanz gewonnen hatte: siegreiche Spitzensportlerinnen aus sozialistischen Ländern. Diese überschritten zwei Grenzen zugleich. Erstens drangen sie als Frauen in die kulturell männlich codierte Sphäre des Leistungssports ein und stellten auf diese Weise die traditionelle Geschlechterordnung in Frage. Zweitens bedrohte der Sieg einer Repräsentantin des Ostblocks im Kontext des Kalten Krieges das Selbstwertgefühl der westlich-kapitalistischen Welt. Medizinische und technische Entwicklungen spielten als drittes Element eine Rolle für den Einsatz der Geschlechtertests, wie gestützt auf amerikanische und deutschsprachige Presseberichte sowie zeitgenössische medizinische Fachliteratur gezeigt wird. Mit dem so genannten Barr-Body-Test wurde eine vermeintlich "wissenschaftlich unfehlbare" und kostengünstige Methode zur Feststellung des biologischen Geschlechts mit einer Begeisterung gefeiert, der differenziertere Betrachtungsweisen der Sportmediziner sowie erkenntnistheoretische und ethisch begründete philosophische Bedenken nichts mehr anhaben konnten.
Der Essai gibt einen historischen Überblick über die Rolle föderalistischer und konföderalistischer Ideen in der Geschichte Osteuropas seit dem ausgehenden 18. Jh. Er analysiert die politischen Systeme der sozialistischen "Scheinföderationen" des 20. Jh. und ihrer Nachfolgestaaten. Gestützt auf die Tatsache, dass die UdSSR, ČSSR, SFRJ im Zuge der Umbrüche und Revolutionen von 1989/91 in mehrere Staaten zerfielen, stellt er die These auf, dass durch zentralistische Parteidiktaturen überlagerte Scheinföderationen nicht demokratisierungsfähig waren, ohne auseinanderzubrechen, weil auf zu vielen Ebenen des Staates zu viele mit begrenzter demokratischer Legitimität ausgestattete Akteure existieren, die in Richtung und Tempo des Transformationsprozesses unterschiedliche Auffassungen vertreten.
Trubeckoj, Nikolaj Sergeevič
(2005)