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Dieser Buchbeitrag folgt durch drei Jahrzehnte den Beziehungen zwischen der Familie des verwitweten Pädagogen und Musikers Wilhelm Christian Müller und derjenigen des (anfangs noch unverheirateten) Theologen, Philosophen und Philologen Friedrich Schleiermacher. Müllers Sohn Adolph gehörte 1804—1806 als Medizinstudent in Halle zu Schleiermachers engstem Kreis; Müller machte von 1805 an mehrere Versuche, Schleiermacher zur Übernahme einer Pfarrstelle in Bremen zu bewegen. Dies und weitere Ereignisse, Freundschaft, Besuche und mancherlei Schicksale und Schicksalsschläge in den Zeiten der napoleonischen Kriege und der Restauration (1811 starb Adolph Müller, 1829 Schleiermachers Sohn Nathanael), dokumentieren zahlreiche Briefe, die gewechselt wurden.
Die Unterscheidung von Buchstabe und Geist, vom Apostel Paulus in seinen Briefen aufgestellt, hat seitdem Theologie, Philosophie und Hermeneutik beschäftigt. Der Beitrag publiziert Schleiermachers Auslegung von 2 Korinther 3,4--18 aus seiner Vorlesung zum Zweiten Korintherbrief und vergleicht Schleiermachers Verständnis von Buchstaben und Geist mit dem von Vorgängern und Zeitgenossen wie Origenes, Augustin, Luther und Fichte.
Schleiermacher entwarf seine Hermeneutik als methodische Vorüberlegung für seine exegetischen Vorlesungen. Die biblische Hermeneutik ist für ihn ein Spezialfall innerhalb der allgemeinen Lehre vom Verstehen sprachlicher Äußerungen, die er in kritischer Auseinandersetzung mit Autoren wie Johann August Ernesti und Samuel Friedrich Nathanael Morus entwickelt. Das Verstehen kreist für Schleiermacher als Ellipse um die beiden Schwerpunkte der grammatischen Interpretation (der Autor als Organ der Spreche) und der psychologischen Interpretation (die Sprache als Organ des Autors).
In seinen Vorlesungen zur Hermeneutik setzt Schleiermacher sich auch mit der Tradition auseinander, Texten, insbesondere heiligen Texten und Texten ohne einen als Person greifbaren Autor, einen Sinn jenseits des wörtlichen Sinnes beizulegen. Obwohl das Allegorisieren den Grundsätzen seiner Hermeneutik nicht entspricht, hielt er für Prediger einen Umgang mit Bibeltexten für legitim, der sich dem Allegorisieren nähert.
Dieser Vortrag aus dem Jahr 2018 zeichnet nach, wie der Lebens- und Denkweg Friedrich Schleiermachers von seiner Zugehörigkeit zur deutsch-reformierten Kirche im preußischen Staat geprägt war, die als Kirche des regierenden Hauses Privilegien genoss, zugleich aber eine kleine Minderheit war, die stets bedacht blieb, ihre lehrmäßige und liturgische Eigenständigkeit gegenüber der lutherischen Mehrheitskirche zu behaupten. Schleiermacher blieb in seinen Überzeugungen reformiert, sah darin aber kein Hindernis zu voller kirchlicher Gemeinschaft mit dem Luthertum.
Seit Beginn des Christentums sind Briefe und Korrespondenzen wichtige Quellen nicht nur für Kirchenverfassung, Theologie und Lehre, sondern auch für Mentalität, gelebte Frömmigkeit und die Alltagsgeschichte des Glaubens. Dieser Vortrag aus dem Jahr 2016 nimmt sich dementsprechend Schleiermachers Briefwechsel der Jahre 1808 bis 1810 vor: Was erfahren wir aus ihm über Hausgottesdienste, die damals viele Familien feierten, statt die öffentlichen Gottesdienste in der Kirche zu besuchen? Wie beging und erlebte man das heilige Abendmahl? Was teilt man einander aus dem eigenen Innersten mit?
In wie fern spiegelt sich in Schleiermachers Darstellung und Deutung der Kirchengeschichte seine eigene reformierte Konfession wider? Die Reformation ging für Schleiermacher aus einem gemeinsamen Prinzip hervor, der Überzeugung von der in Christus gegebenen unmittelbaren Gottesgemeinschaft ohne kirchlich Vermittlung, weder durch priesterliche Interzession noch durch auferlegte gute Werke und Verdienste noch auch durch Lehramt oder Tradition, die das Verständnis der Schrift als Urkunde des Christentums vorgäben; bei der Geltendmachung dieses Prinzips stünden ihn Zwingli und die französischen humanistischen Biblizisten gleichberechtigt neben Luther. In Gestalten wie dem Theologen Ratramnus aus dem 9. Jahrhundert sieht Schleiermacher schon Positionen der späteren reformierten Konfession vorgebildet. Seine Ekklesiologie nimmt zwar die reformierte Unterscheidung zwischen sichtbarer und unsichtbarer Kirche auf, versteht aber etwas anderes darunter als Zwingli. Indem sie die Kirche (allerdings nicht unmittelbar eine der bestehenden verfassten Kirchen) zum fleischgewordenen Geist erklärt, hat sie zudem einen gewissen katholischen Einschlag.
Vom dogmatischen Hauptwerk Theodors von Mopsuestia (+ 428), De incarnatione, sind nur Fragmente überliefert, griechische, lateinische und syrische. Das Werk ist gegen Apollinaris von Laodicea gerichtet und gegen alle, die die fortdauernde Unterschiedenheit und Eigenständigkeit der göttlichen und menschlichen Natur in Jesus Christus leugnen. Til Jansen hat in seiner Dissertation die Überlieferung der Fragmente untersucht und die griechischen und lateinischen Fragmente kritisch ediert und übersetzt; die Rezension beleuchtet und würdigt die Arbeit kritisch.
Henrich Steffens als Naturphilosoph und Friedrich Schleiermacher als Geistes- und Kulturphilosoph und Theologe arbeiteten als Kollegen in Halle noch Hand in Hand. Jahrzehnte später gehörte Steffens zu den dissidenten Lutheranern in Breslau, die sich der staatlich verordneten Unionsagende verweigerten, während Schleiermacher Konzepte schrieb, um die Dissidenten für die Staatskirche zurückzugewinnen.
Ein satirisches Gedicht über den dänischen herrnhutischen Missionar Brodersen setzt neben dessen Originalität auch dem Missionswesen der Herrnhuter um 1800 ein interessantes Denken. Er mahnt zugleich im reformatorischen Sinne, sich nicht auf eigene Verdienste und Vorzüge zu verlassen, sondern nur auf die göttliche Gnade.
In 1850, Jacob Frerichs produced the first and until now the only edition of Friedrich Schleiermacher’s important lectures on Practical Theology. It is a mix and compilation of students’ transcripts from six different semesters, redundant and at times contradictory, which doesn’t correspond to Schleiermacher’s actual lectures. Most of the transcripts used by Frerichs are still preserved and have now been evaluated for a new edition of Schleiermacher’s Practical Theology. This article disassembles Frerichs’ edition into its components giving evidence for every text passage from which source Frerichs took it.
Der Artikel beleuchtet die 134jährige Geschichte der evangelisch-theologischen Fakultät an der Universität Breslau: die im Rahmen der preußischen Reformen erfolgte Neugründung der Universität als bikonfessionelle Hochschule für die Provinz Schlesien, die Vorherrschaft des theologischen Rationalismus, die theologische und kirchliche Rivalität zwischen Positiven und Liberalen im späteren 19. Jahrhundert, das Erscheinen moderner Ansätze wie der Religionspsychologie um die Jahrhundertwende, die Ruinierung der Fakultät durch die national-sozialistische Hochschulpolitik. Breslau gehörte unter den deutschen Fakultäten stets zu den kleinen; die mit Schlesien verbundene Provinzialität im Guten und Schlechten verlor sie nie. Zum Schluss werden die etwa 100 Professoren und Dozenten, die die Fakultät während ihres Bestehens hatte, in Biogrammen vorgestellt.
Als Deutschland 1817 das 300jährige Reformationsjubiläum feierte, beteiligten sich auch die zwei Berliner Theologieprofessoren Philipp Marheineke und Friedrich Schleiermacher daran, Schleiermacher mit Predigten und einer lateinischen akademischen Festrede, Marheineke ebenfalls mit einer Predigt und mit einer zweibändigen Reformations-geschichte Deutschlands. Die Beiträge zeigen, wie sich beide in ihrer Deutung der Reformation, ihrer historischen Einordnung des Protestantismus und ihrer Bestimmung des Verhältnisses zwischen Christentum einerseits, Staat, Nation und Gesellschaft andererseits unterschieden.
Für Schleiermacher ist Religion keine pädagogisch nützliche Mischung von Metaphysik und Moral, sondern eine eigene Dimension des Menschseins, Anschauung des Universums, Sinn und Geschmack fürs Unendliche; die von der Aufklärung favorisierte „natürliche Religion“ der allgemeinen, übergeschichtlichen Vernunftwahrheiten sei bloß eine Totgeburt, jede wirkliche, lebendige Religion dagegen eine unableitbare geschichtliche Individualität. Im Christentum sei Jesus Christus die Zentralgestalt, der Vermittler und Versöhner des Zwiespalts zwischen Endlichem und Unendlichem, an dem sich alle Religion abarbeite. Im Laufe seiner Entwicklung strebe das Christentum immer mehr zu Sozialgestalten ohne Hierarchie zwischen Priestern und Laien; in der Vollendung (den aber selbst der Protestantismus noch nicht erreicht habe) würden alle „von Gott gelehrt“ sein (Johannes 6,45).
Der theologische Rationalismus war die letzte Gestalt der Aufklärungstheologie; seine Blütezeit erlebte er gleichzeitig und in Konkurrenz mit der u.a. von Schelling geprägten spekulativen Richtung und mit der teils mehr biblizistischen, teils mehr konfessionellen Theologie der Erweckung. Kennzeichen des Rationalismus war einerseits eine verstärkte historisch-kritische Quellenforschung, andererseits das Bemühen, Lehre und Praxis soweit möglich auf das auszurichten, was jenseits geschichtlicher Autoritäten der allgemeinen menschlichen Vernunft plausibel sei: die Existenz Gottes, die Unsterblichkeit der Seele und die Pflicht zu tugendhaftem Leben. Seit etwa 1840 verfiel der Rationalismus.
Gottlieb Schleyermacher, reformierter Stabsfeldprediger in Schlesien und Pfarrer der jungen Gemeinden in Pleß und Anhalt, lernte während des Bayerischen Erbfolgekrieges in Gnadenfrei die Brüdergemeine kennen. In seiner Jugend hatte er mit seinen Eltern einer chiliastischen Gemeinschaft in und bei Elberfeld angehört, die dann zerfiel, sich danach der Aufklärung zugewandt; von nun an prägte der herrnhutische Geist die Familie. Die Eltern vertrauten ihre drei Kinder, Charlotte, Friedrich und Carl, 1783 Anstalten der Gemeine an. Charlotte blieb Herrnhuterin; lange Jahre war sie Lehrerin in Gnadenfrei. Die Söhne wandten sich von der Gemeine bald wieder ab; doch Friedrich Schleiermacher wusste sich religiös und theologisch immer Herrnhut verpflichtet.
This article is a report from the edition of Schleiermacher’s correspondence within the critical Schleiermacher edition (Kritische Gesamtausgabe, KGA) and puts forth a surprising revision which was discovered during work on vol. 10 (1808–1810): with the exception of one letter the letters from Schleiermacher’s sister-in-law and friend of Ernst-Moritz Arndt, Charlotte von Kathen (1778–1850), to Friedrich Schleiermacher, should be attributed to a different Charlotte, Schleiermachers’s friend Charlotte Cummerow. The correspondence between Friedrich Schleiermacher and Charlotte Cummerow was assumed until now not to have been handed down. The article shows with a look at the transmission history how this false attribution came about through Dilthey and which indications led to this revision. The delineated description here of the two correspondences is completed by a tabular overview of the revised correspondences of Schleiermacher with Charlotte von Kathen and Charlotte Cummerow.