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Im „Fünften Gentechnologiebericht“ bieten namhafte Expertinnen und Experten einen Überblick über aktuelle Entwicklungen des dynamischen Forschungsfeldes der Gen- und Biotechnologien und ihrer Anwendungen. In den Bick genommen werden u. a. genetische Diagnostik, somatische Gentherapie, Impfstoffentwicklung, Stammzell- und Organoidforschung, Grüne Gentechnik, Synthetische Biologie, Gene Drives, Genome-Editing, Epigenetik und Einzelzellanalyse. Neben Sachstandsberichten werden auch die gesellschaftliche Wahrnehmung der Gentechnologien sowie ethische und rechtliche Fragen erörtert, u. a. zu Genome-Editing, Hirnorganoiden und Big Data in der personalisierten Medizin. Die interdisziplinäre Arbeitsgruppe Gentechnologiebericht gibt außerdem Handlungsempfehlungen zu zentralen Themen.
In ihrem Sachstandsbericht geben Martin Zenke und Sina Bartfeld einen Überblick über gegenwärtige Entwicklungen der Stammzell- und Organoidforschung. Stammzellen werden definiert als Zellen, die sich sowohl vermehren als auch spezialisierte Zelltypen bilden können und eine zentrale Rolle bei der Embryonalentwicklung sowie der Aufrechterhaltung und Reparatur von Organen und Geweben spielen. Stammzellen sind auch Ausgangsmaterial zur Herstellung von Organoiden, dreidimensionalen, organähnlichen Zellverbänden, die in erster Linie als Modelle von Organen und damit der Erforschung ihrer Entwicklung und Erkrankungen dienen. Der Autor und die Autorin unterscheiden zunächst verschiedene Stammzelltypen, zum einen nach ihrem Entwicklungspotenzial, zum anderen danach, ob sie „natürlich vorkommen (konventionelle Stammzellen)“ oder „künstlich hergestellt (engineered)“ werden. Bei Letzteren handelt es sich bspw. um induzierte pluripotente Stammzellen (sog. iPS-Zellen), die aus Körperzellen durch Zugabe bestimmter Faktoren in einem als „Reprogrammierung“ bezeichneten Prozess generiert werden. Zur Bedeutung des Genome-Editing mit CRISPR/Cas für die Stammzellforschung wird hervorgehoben, dass gezielte genetische Veränderungen an Stammzellen bei den aus ihnen gewonnenen Zellen bestehen blieben. Dies könne u. a. für die Herstellung spezifischer Krankheitsmodelle für die Medikamentenentwicklung genutzt werden. Zudem werden blutbildende (hämatopoetische) Stammzellen, Stammzellen aus Nabelschnurblut, mesenchymale (Bindegewebs-) Stammzellen und neurale Stammzellen mit Blick auf ihren Ursprung, ihren gegenwärtigen Einsatz und ihr Potenzial für die weitere Forschung und Anwendung vorgestellt.
Der zweite Teil des Beitrages geht auf Organoide ein. Dabei werden zunächst ihre Herstellung aus pluripotenten bzw. gewebespezifischen Stammzellen sowie die damit einhergehenden Unterschiede diskutiert. Im Anschluss geht es um den Einsatz von Stammzellen und Organoiden als Modelle zur Erforschung genetisch bedingter Krankheiten und Krebs-, Stoffwechsel- und Infektionskrankheiten sowie die Nutzung patienteneigener Organoide zur Testung der individuellen Medikamentenwirksamkeit, bspw. bei Mukoviszidose. Für den Einsatz von Stammzellen in der regenerativen Medizin werden künftige Möglichkeiten der Transplantation von Organoiden oder von aus diesen abgeleiteten Zellen prognostiziert. Nach einem kurzen Exkurs über Embryoide, aus Stammzellen gewonnene, embryoähnliche Strukturen, bietet der Beitrag eine ethische und rechtliche Einordnung der Forschung an Stammzellen und Organoiden an, wobei eine grundlegende Revision des Stammzellgesetzes gefordert und insbesondere auf Hirnorganoide und Embryoide eingegangen wird.
Synthetische Biologie ist ein Sammelbegriff für die gezielte Umgestaltung bzw. Herstellung biologischer Systeme mittels ingenieurwissenschaftlicher Methoden. Tobias J. Erb unterscheidet in seinem Sachstandsbericht zunächst zwischen Top-down- und Bottom-up-Ansätzen: Top-down-Ansätze verändern natürlich vorkommende biologische Systeme so, dass sie neue Eigenschaften aufweisen oder neue Funktionen wie die Herstellung bestimmter Stoffe erfüllen. Sie spielen eine zunehmend wichtige Rolle in der biotechnologischen Industrie und Forschung. Bottom-up-Ansätze hingegen dienen dem Ziel, aus einzelnen Bausteinen künstliche Zellen oder neuartige Systeme mit lebensähnlichen Eigenschaften herzustellen. Sie stehen noch am Anfang, bei Machbarkeitskonzepten, könnten aber in Zukunft neuartige Informationsspeicherungs- bzw. -verarbeitungssysteme oder die Herstellung neuer selbstregenerierender Materialien ermöglichen.
Tobias J. Erb stellt die synthetische Biologie auch mit Blick auf ihre Bedeutung für die Bioökonomie, charakterisiert als biobasierte nachhaltige Wirtschaftsform, dar. Mittels neuartiger Stoffwechselwege und Protein-Engineering sowie computergestützter Designverfahren ließen sich künftig maßgeschneiderte Biosynthesen entwickeln, neue Produkte erschließen und nachhaltige Ausgangsmaterialien verwenden, bspw. durch die Erschließung von CO2 als Rohstoffquelle. Die Bedeutung der synthetischen Biologie für die industrielle Biotechnologie weist der Autor als begünstigt durch technische Weiterentwicklungen wie neue Werkzeuge der Genomeditierung, Automatisierungs- und Hochdurchsatz-Screening-Technologien und sinkende DNA-Synthesepreise aus. Er konstatiert einen Trend zur Konzentration auf eine geringe Anzahl standardisierter Wirtsorganismen mit neuen biosynthetischen Eigenschaften. Mittlerweile ließen sich aus Mikroorganismen komplexe pharmazeutische Verbindungen gewinnen, was eine Vereinfachung gegenüber der Gewinnung aus Medizinpflanzen darstelle und weitere gezielte Veränderungen der chemischen Struktur der Produkte und damit eine effizientere Entwicklung und Veränderung biologisch aktiver Stoffe für Medizin und Biotechnologie ermögliche. Des Weiteren werden sog. „biofoundries“ zur automatisierten Synthese und Charakterisierung biologischer Systeme und ihr Potenzial für das Verständnis genetischer Diversität und Komplexität und dessen biotechnologische Nutzung vorgestellt. Der anstehende Übergang in eine digitalisierte biotechnologische Forschungs- und Produktionslandschaft bedürfe gezielter Förderung, gesetzgeberischer Initiativen zur Standardisierung und Genehmigung von sicheren, umweltverträglichen und gut handhabbaren Plattformorganismen und einer Normierung genetischer Bauteile sowie eines wissensbasierten Dialogs über Möglichkeiten und Risiken der synthetischen Biologie mit Gesellschaft und Politik.
Genome-Editing und Einzelzellanalyse sind zwei bahnbrechende biotechnologische Methoden, die die gesamte Bandbreite der lebenswissenschaftlichen Forschung und Anwendung verändert und erweitert haben. Beide waren bereits Gegenstand eigenständiger Publikationen der IAG Gentechnologiebericht.1 Sie werden in diesem Kapitel in ihren Grundzügen und ihrer Bedeutung für die Entwicklung der Gentechnologien vorgestellt sowie die ethischen und rechtlichen Kontroversen um sie skizziert. Zunächst geht es um die wissenschaftlichen Grundlagen des Genome-Editing, womit Verfahren bezeichnet werden, durch die gezielt und relativ präzise Basenabfolgen im Genom lebender Zellen verändert werden können. Unter den „Genscheren“ wird das CRISPR/Cas-System mit Blick auf seine Funktionsweise, Entdeckungsgeschichte und Weiterentwicklung vorgestellt. Danach werden ethische und rechtliche Kontroversen um genomeditierte Pflanzen und den Einsatz des Genome-Editing in der menschlichen Keimbahn diskutiert. Zentraler Streitpunkt beim Einsatz von Genome-Editing in Pflanzenzüchtung und Landwirtschaft ist die regulatorische Frage, ob mittels Genome-Editing erzeugte Pflanzen, die lediglich punktuelle, schwer nachweisbare Mutationen und keine Fremdgene enthalten, als gentechnisch veränderte Organismen im Sinne des Gentechnikrechts gelten sollten – wie der EU-Gerichtshof 2018 entschied – oder nicht. Im Anschluss geht es um die ethischen und rechtlichen Aspekte von Keimbahnmodifikationen, also von auf alle folgenden Generationen vererbbaren Eingriffen in das menschliche Erbgut, die entweder therapeutischen bzw. präventiven Zwecken dienen können oder aber dem sog. Enhancement, also der Steigerung von Fähigkeiten oder der Erzeugung bestimmter Eigenschaften. Auch hier werden Pro- und Kontra-Argumente erörtert und die Prinzipien und Empfehlungen verschiedener Stellungnahmen skizziert. Der erste Teil des Kapitels schließt mit dem Fall der 2018 geborenen chinesischen Zwillingsmädchen, deren Erbgut durch Genome-Editing verändert worden war.
Der zweite Teil stellt die Einzelzellanalyse vor mit Blick auf ihre Funktionsweise, den gegenwärtigen Forschungsstand und ihr Potenzial für Anwendungen in biologischer Forschung und Medizin. Durch die Einzelzellanalyse gewinnbare Daten über einzelne Zellen gewähren einen zuvor unerreichbaren Einblick in deren Funktionsweise innerhalb von Geweben bzw. Zellpopulationen. Ermöglicht wurde dies durch technologische Entwicklungen wie Next-Generation-Sequencing und Omics-Technologien, die komplexe Vorgänge in Zellen erschließen. Weitere Schritte auf dem Weg zu einer personalisierten Medizin könnten durch neue Möglichkeiten der Untersuchung patientenspezifischer Tumore, zellulärer Veränderungen bei chronischen Erkrankungen und das Ansprechen bestimmter Zellen auf Medikamente zurückgelegt werden. Der Vergleich der Zellen Erkrankter mit denen Gesunder gibt Aufschluss über individuelle Krankheitshintergründe. Die komplexen und umfangreichen Daten der Einzelzellanalytik stellen hohe Ansprüche an den technischen Umgang mit und Austausch von ihnen und ihre Interpretation sowie an Datensicherheit und Datensouveränität.
19. Einsatz gentechnologischer Methoden in der Impfstoffentwicklung gegen das SARS-CoV-2-Virus
(2021)
In seinem Beitrag stellt Martin Korte die Suche nach einem wirksamen Corona-Impfstoff, insbesondere mit Blick auf die Rolle der Gentechnik, dar. Neben dem Virus selbst werden verschiedene Angriffspunkte für Impfstoffe mit unterschiedlichen Eigenschaften vorgestellt. Hauptangriffsziel sei das sog. Spike-Protein, ein Protein in der Hülle der Viren, welches das Andocken an bestimmte Rezeptoren der Wirtszellen ermögliche. Zu den verschiedenen bereits zugelassenen oder in der Entwicklung befindlichen Impfstoffarten gehören RNA-Impfstoffe, vektorbasierte Impfstoffe, rekombinante proteinbasierte Impfstoffe, inaktivierte Virusvektoren sowie DNA-Impfstoffe, von denen einige näher vorgestellt werden. Die Entwicklung der Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 sei einem im Vergleich zur herkömmlichen Impfstoffentwicklung (die viele Jahre dauert) beschleunigten Zeitplan gefolgt, der auch durch gentechnologische Plattformen, fortgeschrittene Sequenzierungen und genetische Editierungsmöglichkeiten, also präzise gentechnikbasierte Veränderungen in der Sequenz der DNA- und RNA-Impfstoffe, ermöglicht worden sei. Die Entwicklung sei auch durch Erkenntnisse aus der Entwicklung von Impfstoffen gegen früher aufgetretene, ähnliche SARS-Viren beschleunigt worden. Bestehende Herstellungsprozesse habe man übernehmen und Phase I/II-Studien bereits ineinander verschachtelt starten können. Phase-III-Studien seien bereits nach der Zwischenanalyse der Phase I/II-Ergebnisse begonnen worden. Auf diese Art und Weise, begleitet und genehmigt von den Zulassungsbehörden, seien mehrere klinische Studienphasen parallel durchgeführt, aber keine Zulassungsphase übersprungen oder mit kleineren Kohortenzahlen als bei der Zulassung anderer Impfstoffe gearbeitet worden.
Insgesamt hält Martin Korte fest, dass innerhalb von nur zwölf Monaten mehrere Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 in Europa, USA und GB zugelassen worden seien, davon zwei mRNA-Impfstoffe und zwei vektorbasierte Impfstoffe. Dies wäre ohne sichere und effiziente gentechnologische Verfahren nicht möglich gewesen. Eine riesige Herausforderung bestehe nun darin 7–9 Milliarden Impfdosen herzustellen und über die gesamte Welt gerecht zu verteilen. Zudem seien parallel Impfstoffplattformen zu entwickeln, die sich laufend an mutierte Virusvarianten anpassen können, was auch zulassungstechnisch eine große Herausforderung sein werde.
Der Beitrag von Jürgen Hampel und Kolleg*innen stellt die Ergebnisse des TechnikRadar 2020, einer aktuellen Studie über die Haltung der deutschen Öffentlichkeit zu verschiedenen Anwendungen der Gentechnik vor. Bei der Untersuchung der Einstellungen zum Gentechnikeinsatz in der Landwirtschaft wurden die Einstellungen zur klassischen Gentechnik und zur seit Jahrzehnten eingesetzten, bisher aber kaum umstrittenen Mutagenesezüchtung, bei der neue Pflanzensorten durch den Einsatz von genverändernder Bestrahlung oder von Chemikalien hergestellt werden, verglichen. Beide Techniken seien auf hohe Ablehnung gestoßen, was die Autor*innen auf verbreitete und durch Werbung verstärkte, romantisierende Vorstellungen von Landwirtschaft, die Hochschätzung von Natur und Natürlichkeit sowie fehlende Nutzenerkennung zurückführen. Auch gegenüber der gentechnischen Herstellung von Laborfleisch, das von Befürworter*innen als Ansatz zur Lösung globaler Ernährungs-, Umwelt- und Tierschutzprobleme dargestellt werde, bestehen der Studie zufolge große Vorbehalte seitens der Öffentlichkeit. Als Gründe für die verbreitete Ablehnung werden u. a. Entfremdung, Sicherheitsbedenken und dass Laborfleisch kaum als adäquater Lösungsansatz für die globalen Ernährungsprobleme gesehen wird, angeführt. Im Bereich medizinischer Anwendungen fragte der TechnikRadar 2020 zunächst die Einstellungen zur Gewinnung von Ersatzorganen aus genetisch veränderten Tieren (Xenotransplantation) sowie aus Stammzellen (Organoide) ab. Tierschutzgründe hätten zu einer hohen Ablehnung der Xenotransplantation geführt, wohingegen die Transplantation von im Labor hergestellten Organoiden hohe Zustimmungswerte verzeichnet habe und nur von einem Fünftel für ethisch inakzeptabel gehalten werde. Bei der Untersuchung der Einstellungen zur Gentherapie differenzierte die Studie zwischen Gentherapie am Erwachsenen, Gentherapie am Embryo und Keimbahntherapie, denen jeweils eine stark abgestufte Akzeptanz korrespondiere: während 70 % der Befragten Gentherapie an Erwachsenen befürworteten, habe nicht einmal jeder Fünfte der Keimbahntherapie zugestimmt.
Die grundsätzliche Ablehnung der Keimbahntherapie falle jedoch mit der Hälfte der Befragten im Vergleich zu früheren Umfragen überraschend gering aus. Die Autor*innen betonen abschließend die Ausdifferenzierung gesellschaftlicher Einstellungen zur Gentechnik entlang bestimmter Anwendungen, die eine pauschale Ablehnung Grüner und eine pauschale Zustimmung zu Roter Gentechnik hinter sich gelassen habe und fordern, dies in der Wissenschaftskommunikation zu berücksichtigen.
Ein Alleinstellungsmerkmal der Arbeit der IAG Gentechnologiebericht sind die sog. Problemfelderhebung und die Indikatorenanalyse, die hinsichtlich ihrer Ziele, Methodik und Ergebnisse in dem Beitrag von Angela Osterheider, Louise Herde und Lilian Marx-Stölting vorgestellt werden. Im Zentrum steht dabei das vielschichtige und von den verschiedensten Fachdisziplinen geprägte Feld der Gentechnologien in Deutschland. Darunter fallen Themen, die zum Teil seit Beginn der Arbeit der IAG im Rahmen von Themenbänden behandelt worden sind: so wird eine Untersuchung der Entwicklung über die Zeit hinweg ermöglicht: Gentherapie, Grüne Gentechnologie, Gendiagnostik, Stammzellforschung, Epigenetik, synthetische Biologie und Organoidforschung (als Teilbereich der Stammzellforschung).
Diese Themenfelder werden in einer messbaren und repräsentativen Form für die fachliche und interessierte breitere Öffentlichkeit erschlossen. Im Rahmen dieses Ansatzes werden zunächst qualitative Problemfelder, d. h. öffentlich diskutierte Aspekte und Fragen zu den Themen, erhoben, die dann den vier Leitdimensionen (wissenschaftliche, ethische, soziale und ökonomische Dimension) sowie Indikatoren (quantitative Daten im Zeitverlauf) zugeordnet werden. Die im Rahmen des Fünften Gentechnologieberichts beleuchteten Problemfelder sind: Realisierung Forschungsziele, Forschungsstandort Deutschland, öffentliche Wahrnehmung, soziale Implikationen, gesundheitliche Risiken, Dialogverpflichtung der Forschung und ethische Implikationen. Die Indikatoren, die die genannten Problemfelder quantitativ beschreiben und somit ihre Bedeutung messbar machen sollen, betreffen die mediale Abbildung, die Anzahl an Neuerscheinungen, Online- Suchanfragen, internationalen Fachartikeln, Fördermitteln durch den Bund, die DFG und die EU sowie öffentlichen Veranstaltungen zu den jeweiligen Themenfeldern.
Die synthetische Biologie (SynBio) ist ein höchst interdisziplinärer Forschungszweig, der ein ganzes Spektrum naturwissenschaftlicher Disziplinen vereint. Dies führt zu Schwierigkeiten, Expert*innen auf dem Gebiet als solche zu erkennen, da sich selbst Wissenschaftler*innen der SynBio nicht vorrangig als solche bezeichnen würden.
Der Beitrag von Angela Osterheider und Kolleg*innen verfolgt daher zwei Ziele:
Zum einen wird die Webapplikation ExpertExplorer vorgestellt, die fachlich ausgewiesene Expert*innen auf einem Forschungsgebiet anhand ihrer Publikationen ermitteln kann. Zum anderen beschreiben die Autor*innen unter Anwendung des ExpertExplorers die Forschungslandschaft SynBio, indem v. a. in Deutschland tätige Wissenschaftler*innen mit Expertise auf dem Gebiet der synthetischen Biologie recherchiert werden. Abschließend wird die Funktionsweise des ExpertExplorers sowie die vorgestellte Analyse reflektiert und ein Fazit gezogen. Die Autor*innen halten die Applikation für geeignet, um sich schnell und umfassend einen aktuellen Überblick über fachlich ausgewiesene Expert*innen auf den Feldern biomedizinischer Forschung zu verschaffen und auch langfristige Entwicklungen von Forschungslandschaften sichtbar zu machen.
Im „Fünften Gentechnologiebericht“ bieten namhafte Expertinnen und Experten einen Überblick über aktuelle Entwicklungen des dynamischen Forschungsfeldes der Gen- und Biotechnologien und ihrer Anwendungen. In den Bick genommen werden u. a. genetische Diagnostik, somatische Gentherapie, Impfstoffentwicklung, Stammzell- und Organoidforschung, Grüne Gentechnik, Synthetische Biologie, Gene Drives, Genome-Editing, Epigenetik und Einzelzellanalyse. Neben Sachstandsberichten werden auch die gesellschaftliche Wahrnehmung der Gentechnologien sowie ethische und rechtliche Fragen erörtert, u. a. zu Genome-Editing, Hirnorganoiden und Big Data in der personalisierten Medizin. Die interdisziplinäre Arbeitsgruppe Gentechnologiebericht gibt außerdem Handlungsempfehlungen zu zentralen Themen. Die Kurzfassung enthält die Einleitung, eine Zusammenfassung der Buchbeiträge und die Handlungsempfehlungen der IAG Gentechnologiebericht.
8. Themenbereich synthetische Biologie: Neue Möglichkeiten an der Grenze von Chemie und Biologie
(2015)
Mit dem Kapitel "Themenbereich synthetische Biologie: Neue Möglichkeiten an der Grenze von Chemie und Biologie" im "Dritten Gentechnologiebericht" wird ein umfassendes Monitoring zu den aktuellen Entwicklungen auf dem Gebiet der synthetischen Biologie vorgelegt. Das Indikatoren-basierte Vorgehen, das in den letzten Jahren etabliert wurde, wird dabei fortgeführt. Aufgegriffen wird dabei die Terminologie, die Synthese von „Leben“ in der synthetischen Biologie sowie in der Chemie, Top-down-Ansätze sowie Bottom-up-Ansätze in der synthetischen Biologie, Systems Engineering und synthetische Biologie, das Konzept des Bakteriengenoms sowie die Xenobiologie. Problemfelder und Indikatoren zum Thema synthetische Biologie runden das Kapitel ab.
Mit dem Kapitel "Themenbereich grüne Gentechnologie: Pflanzenzüchtung und Agrarwirtschaft" im "Dritten Gentechnologiebericht" wird ein umfassendes Monitoring zu den aktuellen Entwicklungen auf dem Gebiet der grünen Gentechnologie vorgelegt. Das Indikatoren-basierte Vorgehen, das in den letzten Jahren etabliert wurde, wird dabei fortgeführt. Zu den aufgegriffenen Themen gehören GV-Pflanzen in Forschung und Anwendung, Neue Züchtungsmethoden, wichtige Hilfstechnologien, sowie praktische Anwendungen und Züchtungsziele. Problemfelder und Indikatoren zur grünen Gentechnologie runden den Bericht ab.
Das Kapitel "Themenbereich Epigenetik: Bedeutung und Anwendungshorizonte für die Biowissenschaften" im "Dritten Gentechnologiebericht" legt ein umfassendes Monitoring zu den aktuellen Entwicklungen auf dem Gebiet der Epigenetik vor. Das Indikatoren-basierte Vorgehen, das in den letzten Jahren etabliert wurde, wird dabei fortgeführt. Zentrale Themen, die aufgegriffen werden sind etwa Definitionen und Bedeutung der Epigenetik, Formen epigenetischer Vererbung und ihre Bedeutung für Biomedizin und Biowissenschaften, die Epigenomforschung, Konzepte transgenerationaler epigenetischer Vererbung sowie das Themenfeld Epigenetik und Biotechnologie. Problemfelder und Indikatoren zur Epigenetik runden den Beitrag ab.
Mit dem "Dritten Gentechnologiebericht" legt die gleichnamige Interdisziplinäre Arbeitsgruppe der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) abermals ein umfassendes Monitoring zu den aktuellen Entwicklungen auf dem Gebiet der Gentechnologie vor. In bewährter interdisziplinärer Weise wird der aktuelle Stand von Wissenschaft und Technik anhand verschiedener Gebiete der Gentechnologie analysiert. Das Indikatoren-basierte Vorgehen, das in den letzten Jahren etabliert wurde, wird dabei fortgeführt. In Überblicksartikeln werden zudem sechs Themenbereiche fokussiert betrachtet: die Epigenetik in der Bio-Medizin, die molekulargenetische Diagnostik, die Gentherapie, die Forschung an Stammzellen, der Gentechnologieeinsatz in Pflanzenzüchtung und Agrarwirtschaft sowie das interdisziplinäre Feld der synthetischen Biologie. Von den Mitgliedern gemeinschaftlich verabschiedete Kernaussagen und Handlungsempfehlungen, die die relevantesten Entwicklungen und Tendenzen der Themenbereiche darstellen, runden den Bericht ab. Die Einleitung bietet eine Einführung in die verschiedenen Themen, die methodischen Grundlagen sowie die Struktur des Berichtes.
Unter dem Oberbegriff „Genomchirurgie“ werden neue Verfahren der Gentechnik zur gezielten Änderung von Genomen subsumiert. Brisant ist dabei, dass die Methodik grundsätzlich auch beim Menschen anwendbar ist. Durch die Veränderung von Keimzellen könnten die Genomänderungen an die Nachkommen vererbt werden. Gerade solche Keimbahn-Eingriffe sind heftig umstritten. Die Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Gentechnologiebericht fordert in ihrer Analyse ein Moratorium von Keimbahnexperimenten zur Klärung der mit ihr verbundenen offenen experimentellen, ethischen und rechtlichen Fragen.
Die Analyse führt zunächst in die Thematik ein, es folgt eine Auflistung möglicher rechtlicher und ethischer Fragen, die es während des geforderten Moratoriums zu diskutieren gilt.
Die Kurzfassung zum dritten "Gentechnologiebericht" der gleichnamigen interdisziplinären Arbeitsgruppe stellt die von seinen Mitgliedern gemeinschaftlich verabschiedeten Kernaussagen und Handlungsempfehlungen vor. Diese fassen die relevantesten Entwicklungen und Tendenzen für sechs ausgewählte Themenschwerpunkte im komplexen Forschungsfeld der Gentechnologie zusammen: 1) Epigenetik, 2) Gendiagnostik, 3) Stammzellforschung, 4) Gentherapie, 5) grüne Gentechnologie und 6) synthetische Biologie.
Die öffentliche Debatte um den Einsatz der Gentechnologie bei Pflanzen hält in Deutschland unverändert an. Gleichzeitig sind die weltweiten Anbauflächen gentechnisch veränderter Pflanzen in den letzten Jahren weiterhin kontinuierlich gestiegen. Verpasst Deutschland den Anschluss? Oder bieten neue Methoden und Entwicklungen weniger umstrittene Alternativen? Der Band „Grüne Gentechnologie“ liefert auch in seiner 3., völlig neubearbeiteten und ergänzten Auflage eine interdisziplinäre Analyse des aktuellen Stands von Wissenschaft und Technik. Nach einer umfassenden Darstellung der Forschung zur grünen Gentechnologie werden mögliche Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt, der ökonomische Nutzen sowie der politische Rahmen der grünen Gentechnologie diskutiert. Ethische Argumentationsmuster und die geringe Akzeptanz in Deutschland und der EU werden ebenso aufgegriffen wie die Frage, ob die Gentechnik einen Beitrag zur Welternährung leisten kann. Umfangreiches Zahlenmaterial zur Entwicklung der Gentechnologie in Deutschland rundet den Bericht ab.
Mit ihrem neuen Themenband – der hier zusammengefasst vorgestellt werden soll – wendet sich die interdisziplinäre Arbeitsgruppe „Gentechnologiebericht“ der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften erstmalig der in der Öffentlichkeit noch weitgehend unbekannten Synthetischen Biologie zu. Von besonderer Faszination ist dabei die noch im Fluss befindliche Auseinandersetzung, was denn nun eigentlich die Synthetische Biologie ist und welche Forschungsansätze ihr konkret zuzuordnen sind. Entsteht hier wirklich eine neue Ingenieurbiologie? Nach einer inhaltlichen (Kapitel 1) und methodischen (Kapitel 2) Einführung beginnt die thematische Auseinandersetzung mit einer wissenschaftshistorischen Perspektive auf synthetisch-technische Traditionen in der Biologie (Kapitel 3). Anschließend wird der aktuelle naturwissenschaftliche Sachstand präsentiert mit einem Fokus auf chemisch-synthetische Forschungsansätze (Kapitel 4) und neue Anwendungen in der Biomedizin (Kapitel 5). Überdies werden in interdisziplinärer Ausrichtung der Arbeitsgruppe auch neue philosophische (Kapitel 6) und ethische (Kapitel 7 und 8) Implikationen der Synthetischen Biologie diskutiert. Als letzter Themenbereich wird die aktuelle gesellschaftliche Wahrnehmung der Disziplin besprochen: sowohl die gegenwärtige Berichterstattung zum Thema (Kapitel 9) als auch die öffentliche Meinung in Deutschland und Europa (Kapitel 10). Die inhaltlichen Ausführungen werden in gewohnter Weise durch quantitative Daten in Form von Indikatoren unterstützt (Kapitel 11). Ergänzt werden die Beiträge durch die gemeinsamen Kernaussagen und Handlungsempfehlungen der Mitglieder der Arbeitsgruppe für die Synthetische Biologie.
Der Gentechnologiebericht ist eine breit angelegte Studie zum Stand der Gentechnologie in Deutschland. Die Darstellungen und Bewertungen erfolgen sowohl unter wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und politischen als auch unter ökologischen, ethischen und sozialen Gesichtspunkten. Die Autoren von der AG Gentechnologiebericht der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften konzentrieren sich auf vier Fallbeispiele aus der Gentechnologie-Debatte: die Genomforschung, die Grüne Gentechnologie, die molekulargenetische Diagnostik und die Biotech-Start-ups. Der Stand der Genomforschung zeigt, daß die gentechnologische Grundlagenforschung in Deutschland weitgehend etabliert und akzeptiert ist. Da auf Grund der rasanten Entwicklung die Grenzen zwischen Anwendungs- und Grundlagenforschung verwischen, ist ein erhöhtes Maß an gesellschaftlicher Reflexion erforderlich. Die Arbeitsgruppe befürwortet daher „eine stärkere Vermittlung ethischer und sozialer Dimensionen der Genomforschung nach dem Vorbild der in England gegründeten Centre for Genomics in Society, die die gesellschaftlichen Auswirkungen der Gentechnologie untersuchen“. Kein anderer Aspekt der Gentechnologie ist hierzulande so umstritten wie die Grüne Gentechnologie, die Züchtung und der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen. Gegenwärtig bauen andere Industrieländer, aber auch Schwellenländer wie China, ihre Forschungskapazitäten in diesem Bereich erheblich aus. Die Arbeitsgruppe kritisiert hier die zwiespältige Politik der Bundesregierung: „Während das Forschungsministerium die grüne Gentechnologie fördert, wird sie vom Verbraucherschutzministerium zugleich behindert“. Die gentechnische Diagnostik ist ein wichtiges Anwendungsfeld der Gentechnologie in der Medizin und kann sich auf gesellschaftliche Akzeptanz berufen. Da sie sich in atemberaubendem Tempo entwickelt, empfiehlt die Arbeitsgruppe, „möglichst schnell einen konsistenten Rechtsrahmen zu schaffen, der die informationelle Selbstbestimmung der Patienten sowie eine professionelle Beratung garantiert“. Der Gentechnologiebericht belegt, daß sich die Biotech-Start-ups trotz Wirtschaftskrise zuletzt konsolidiert haben. Nach Einschätzung der Arbeitsgruppe hängt ihre weitere Zukunft auch wesentlich davon ab, „daß das Management junger Start-up Unternehmen verbessert wird, beispielsweise durch einen intensiven Austausch zwischen Industrie, Kapitalgebern und Entrepreneurs“.