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Die moderne Naturwissenschaft zeigt eindrucksvoll die große Reichweite des menschlichen Denkens - sie wirft aber auch die Frage nach ihrer menschengerechten Anwendung auf und führt an unüberwindliche Grenzen jeder Erkenntnis. Tragweite und Grenzen der Wissenschaft verweisen uns zurück auf uralte Fragen der Philosophie, zum Beispiel auf die Suche altgriechischer Denker nach den Urprinzipien der Natur oder auf das „Wissen vom Nichtwissen“ des Nikolaus von Kues. Der Blick auf 2500 Jahre Geschichte des Denkens über die Natur soll dabei helfen, die moderne Naturwissenschaft wieder in die großen Sinn- und Wertzusammenhänge menschlichen Lebens zu stellen.
Die volle Anwendbarkeit der Physik auf die Biologie des menschlichen Gehirns bedeutet nicht notwendig, dass es ein finitistisches und zugleich vollständiges, algorithmisches Verfahren der Korrelation mentaler mit physikalischen Zuständen geben kann. Vielmehr gibt es Gründe für die Hypothese, dass eine umfassende Theorie der psychophysischen Beziehung prinzipiell unmöglich sein könnte. Diese Auffassung verbindet die Universalität der Physik mit der logischen Begrenztheit des menschlichen Denkens (z. B. in Bezug auf sich selbst) und betrachtet Bewusstsein - die ursprünglichste menschliche Erfahrung - nicht als Randphänomen. ++++ Die Zeitschrift RATIO erschien bis 1987 in einer deutschen und in einer englischen Ausgabe. Die englische Version des Artikels lautet: A. Gierer, The physical foundations of biology and the problems of psychophysics. RATIO XII, No. 1, 1970. S. 47-64.
Modern brain research related to consciousness has resulted in many interesting in- sights, for example into the neurobiological basis of attention and of language. In biological terms, human consciousness appears as a system’s feature of our brain, with neural processes strictly following the laws of physics. This does not necessarily imply, however, that there can be a general and comprehensive scientific theory of consciousness. Predictions of the extent to which such a theory may become possi- ble vary widely in the scientific community. There are reasons - not only practical but also epistemological - why the brain-mind relation may not be fully decodable by finite procedures. In particular, analogies with mathematical theorems of un- decidability suggest that self-referential features of consciousness, such as multiple self-representations like those involved in strategic thought, may not be fully resolv- able by brain analysis. Assuming such limitations exist, this implies that ob jective analysis cannot exhaust sub jective experience in principle. A person’s consciousness and will are accessible to external observation only within limits. In some respects, we do not even learn to know ourselves except by our actions. It thus appears that a scientific look at consciousness and the human mind, combining universal physi- calism with epistemological scepticism, is not inconsistent with certain concepts of sub jectivity that are current in the humanities, despite all the differences in the style and terminology of discourse.
Unsere Kulturfähigkeit ist ein Ergebnis der biologischen Evolution der Spezies “Mensch”; die einzelne Kultur selbst jedoch ist ein Produkt gesellschaftlicher Entwicklungen, Differenzierungen und Traditionen. Der Kulturvergleich zeigt uns erhebliche Spielräume für Ausprägungen von Gemeinsinn. Da dessen Aktivierung wesentlich zur Lebensqualität einer Gesellschaft beiträgt, sind Versuche einer realistischen Einschätzung kultureller Gestaltungsspielräume in dieser Hinsicht sinnvoll. Sie sind nicht zuletzt durch die biologischen Grund- und Randbedingungen der Spezies Mensch gegeben und begrenzt, zumal hinsichtlich von Anlagen zu altruistischem und kooperativem Verhalten. Während bis vor kurzem Soziobiologen und Sozialwissenschaftler oft wenig Neigung zu gegenseitigem Verständnis zeigten, zumal manche Biologen relativ extreme Theorien über genetisch angelegte egoistische Verhaltensanlagen vertraten, verstehen sich neuere, durch die Spieltheorie beeinflusste und sehr allgemeine psychische Disposition betonende Linien soziobiologischen Denkens dazu, auch ausgesprochen freundliche Eigenschaften unserer Spezies zu erklären und zu begründen. Sie kommen sozialwissenschaftlichen Bestrebungen entgegen, zum Beispiel in Zusammenhang mit Theorien begrenzt rationalen Verhaltens, in denen die Fairness eine wesentliche Rolle spielt. Besondere Aufmerksamkeit verdienen in diesem Zusammenhang die biologisch angelegte Fähigkeit zu kognitionsgestützter Empathie sowie die fragile Anlage “Vertrauensbereitschaft”, von denen die Effizienz und das Wohlbefinden in einer Gesellschaft wesentlich abhängen. Insgesamt kann eine - keineswegs unkritische - Beachtung evolutionsbiologischer Aspekte menschlicher Verhaltensdispositionen zu einer realistischen Einschätzung der knappen Ressource “Gemeinsinn” beitragen. Sie ist in Grenzen durchaus ein auch in der Natur des Menschen angelegtes Potential. Dies ist jedoch - unter Beachtung eben dieser Grenzen - behutsam zu aktivieren. Moralische Überforderungen, welche die natürlichen Anlagen des Menschen missachten, sind kontraproduktiv.
Physical principles underlying biological pattern formation are discussed. In particular, the combination of local self-enhancement and long-range (“lateral”) inhibition (Gierer and Meinhardt, 1972) accounts for de-novo pattern formation, and for striking features of developmental regulation such as induction, spacing and proportion regulation of centers of activation in tissues and cells. Part I explains physical principles of spatial organisation in biological development. Part II demonstrates in mathematical terms that and how short-range activation and long-range inhibition are conditions for the generation of spatial concentration patterns. The conditions can be expressed in terms of ranges, rates and orders of reactions. These conditions, in turn, can also be derived by analysis of dynamic instabilities by means of Fourier waves, showing the neither obvious nor trivial relation between the latter approach and the theory based primarily on autocatalysis and lateral inhibition.
Der Artikel verweist auf die eindrucksvollen Beiträge moderner bewusstseinsnaher Hirnforschung zum Verständnis höherer Leistungen und Fähigkeiten des menschlichen Gehirns, geht dann aber auf Gründe für prinzipielle Grenzen einer naturwissenschaftlichen Erklärung unseres Bewusstseins ein. Insbesondere stehen entscheidungstheoretische Gründe vermutlich einer vollständigen Dekodierung der Gehirn-Geist-Beziehung entgegen, zumal hinsichtlich selbstbezogener Aspekte. Dies impliziert unter anderem, dass dem Einstieg in fremdes Bewusstsein Grenzen gesetzt sind, was die Gedanken, das Wissen und den Willen Anderer angeht - und doch gibt es oft zu wenig Bescheidenheit und Zurückhaltung im Urteil über angeblich genau bekannte fremde Motive.
The paper addresses the formation of striking patterns within originally near-homogenous tissue, the process prototypical for embryology, and represented in particularly puristic form by cut sections of hydra regenerating a complete animal with head and foot. Essential requirements are autocatalytic, self-enhancing activation, combined with inhibitory or depletion effects of wider range - “lateral inhibition”. Not only de-novo-pattern formation, but also well known, striking features of developmental regulation such as induction, inhibition, and proportion regulation can be explained on this basis. The theory provides a mathematical recipe for the construction of molecular models with criteria for the necessary non-linear interactions. It has since been widely applied to different developmental processes.