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Minderheiten und Mehrheiten : Erkundungen religiöser Komplexität im mittelalterlichen Afro-Eurasien
(2020)
In der aufgeheizten öffentlichen Debatte erscheinen die monotheistischen Religionen als Ursache von Gewalt und religiöser Intoleranz. Radikale Gruppen bedienen sich der Gewaltgeschichte und der religiösen Polemik der mittelalterlichen Jahrhunderte für ihre politischen Strategien. Dabei nutzen sie die weit verbreitete Annahme, dass gegenwärtige Erfahrungen religiöser Komplexität eine neuartige Erscheinung sind, die den vermeintlich ursprünglichen Zustand entstellen. Es scheint daher angebracht, sich die bekannte Tatsache vor Augen zu führen, dass die Duldung anderer monotheistischer Gruppen in den christlichen und islamischen Herrschaftsgebieten Eurasiens in den mittelalterlichen Jahrhunderten üblich gewesen ist. Tatsächlich scheint die echte monoreligiöse Situation mancher Regionen als erklärungsbedürftige Ausnahme. Ferner waren die herrschenden christlichen oder islamischen Gruppen nicht selten zu Beginn in der numerischen Minderheit. Was bedeutet dies für die verflochtene Geschichte Eurasiens? In welchem Verhältnis standen religiöse Abgrenzung und soziale und kulturelle Verflechtung? Zu diesen Fragen wurden in den letzten Jahren neue Forschungsansätze entwickelt, die hier diskutiert und systematisiert werden sollen.
Die editio princeps des Traktats Vom Mysterium der Buchstaben (Mitte 6. Jh.) eröffnet den Zugang zu einem einzigartigen Dokument frühbyzantinischen monastischen Schrifttums. Aufbauend auf und gleichzeitig in Abgrenzung von jüdischen Traditionen zu den hebräischen Buchstaben, entwickelt der Autor eine christliche Interpretation des griechischen Alphabets – vom Alpha bis zum Omega. Um das Werk kulturgeschichtlich zu verorten, werden einführend verschiedene Spielarten jüdischer und christlicher Buchstabensymbolik dargestellt. Der kritische Text selbst wird durch Übersetzung und Anmerkungen erschlossen.